Endlose mit Kokospalmen gesäumte Strände, tropische Regenwälder, eine unvergleichbare Fauna und Flora, brodelnde Vulkane sowie Kaffee und Schokolade vom Feinsten – das ist Costa Rica. Wir hatten im Voraus zwar vieles gelesen und gehört über dieses kleine Paradies in Zentralamerika. Dennoch waren wir überwältigt, wie viel das Land zu bieten hatte und wie ansteckend «Pura Vida» sein kann. Einige Insights unserer Reise erfahrt ihr im ersten Teil unseres Reiseberichts.
Den kalten, tristen Januar in der Schweiz verbringen? Nein danke. Bye bye Schweiz, hola Costa Rica, hiess es im Januar für uns. Weder Michi noch ich sind akribische Reiseplaner – ganz nach dem Motto «Pura Vida» eben. So starteten wir unsere Reise mit einem eher schlechten als rechten Plan, was sich aber im Nachhinein (wie immer) nicht als negativ herausstellte. Spontanität gehört in Costa Rica ohnehin dazu! Aber alles der Reihe nach…
San José – die unterschätzte Perle von Costa Rica
Wir starteten unsere Reise in San José. Viele Touristen überspringen die Hauptstadt und fahren direkt weiter in das «schöne» Costa Rica, meist ans Meer. Kein Wunder, denn über San José findet man nicht allzu viel Positives. Unser Fazit nach drei Nächten (inkl. Fieber) und vier Tagen: San José ist zwar keine Perle, hat aber dennoch einiges zu bieten. Nirgendwo anders haben wir so viele lebendige Eindrücke über die Kultur und die Einwohner – die «Ticos» – erfahren, wie hier. Aus diesem Blickwinkel ist es also nur von Vorteil, dass die Stadt noch nicht von Touristen überlaufen ist. Besonders für Foodies wie mich, bietet die Stadt eine Fülle an kulinarischen Highlights. Von kleinen, traditionellen Sodas über die grosse Markthalle mit unzähligen Ständen bis hin zu trendigen Szene-Cafés und -Restaurants ist für jeden Geschmack etwas dabei – auch für Veganer.
Ein weiteres Plus: Die Innenstadt kann gut zu Fuss erkundet werden und ist ein idealer Ausgangspunkt für nahgelegene Ausflugsziele, beispielsweise der Volcano Irazu und Poas sowie eine Vielzahl von Kaffeefarmen. Hier besuchten wir nebst anderen die Starbucks Kaffeefarm «Hacienda Alsacia» – die einzige Kaffeeplantage weltweit, die Starbucks selber bewirtschaftet. Aber keine Sorge: Abgesehen von einem hippen, aber dank dem Ausblick definitiv lohnenswerten Starbucks-Café, erinnert kaum etwas an den Kaffeekonzern. Die geerntete Kaffeemenge reicht nicht einmal, um in andere Länder exportiert zu werden, weshalb die Plantage noch für Forschungszwecke dient. Lehrreich war die Tour allemal, obschon wir Kaffee-Junkies bereits viel über die Kaffeeproduktion wussten. Mehr zu Kaffee und Schokolade erzählen wir euch aber (vielleicht) in einem anderen Blogpost.
Guanacaste – Pura Vida in den Wolken
Nach San José führte uns unsere Reise in den Nordwesten, besser gesagt in die gebirgige Provinz Guanacaste. Dort locken zwar keine sommerlichen Temperaturen, dafür aber Vulkane, türkisblaue Wasserfälle und Seen, sowie die artenreichsten Regenwälder des ganzen Landes.
Die ersten Tage verbrachten wir in Monteverde – ein kleines Dorf am Rande des Bosque Nuboso (Cloud Forest). Der Cloud Forest macht seinem Namen alle Ehre, denn der Regenwald scheint wie in Watte gepackt, weshalb man teils keine 10 Meter weit sieht. Dank der klimatischen Bedingungen ist Monteverde, wie es der Name schon vermuten lässt, herrlich grün und alles wächst kreuz und quer. Wanderwege sucht man in diesem Dickicht vergeblich. Dank der abenteuerlichen Hängebrücken kann man den Bosque Nuboso aber trotzdem ausgiebig erkunden. Unsere Highlights im Cloud Forest:
- Eine Nahaufnahme einer Tarantel, die bereits seit 18 Jahren im selben Loch haust (meinte jedenfalls der Ranger, der auch das Foto machte).
- Zwei farbenprächtige Quetzals (s. Bild), die wir innerhalb eines Morgens gesehen haben. Dieser Vogel ist so selten, dass Vogelliebhaber teils wochenlang im Regenwald verharren, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Wir hatten also riesiges Glück! Die Population der Quetzals hat in den letzten Jahren drastisch abgenommen, weshalb der Vogel zu den bedrohten Tierarten gehört. Da er sich in Gefangenschaft nicht züchten lässt, scheint momentan keine Besserung der Situation in Sicht.
- Als wären die Hängebrücken selbst nicht schon (für unsere Verhältnisse) wackelig genug, schwingen sogar die Bäume. Ja richtig, die Bäume! Von der Hängebrücke aus konnten wir ohne grosse Mühe an einem der Äste ziehen, und schon wippte der riesige Baum hin und her, als wäre er aus Gummi. Mutter Natur hat sich das natürlich clever überlegt, denn dadurch hält der Baum auch den heftigsten Stürmen stand.
- Früh morgens sind sie besonders munter: die Affen. Obschon wir sie nicht sehen konnten, schien ihr imposantes Gebrüll nur wenige Meter von uns entfernt zu sein. Ein Geräusch, das wir so schnell nicht vergessen werden und uns noch erfreulicherweise noch einige Male begegnete.
In den Highlands von La Fortuna
Etwas traurig verliessen wir unser gemütliches Hostel in Monteverde und fuhren in Richtung Lake Arenal. Mit dem Bus ging es noch weiter in die Höhe, quer durch schier unendlich lange, grüne Gebirgsketten. Hinter jedem Hügel wartete eine noch schönere Aussicht auf uns, mitsamt riesiger Kuh- und Pferdeherden. Michi und ich waren uns beide einig: Sollten wir je nach Costa Rica auswandern, dann hierhin! Hier begegneten wir auch zum ersten Mal den costa-ricanischen Windrädern, die einen Grossteil des nachhaltigen Stroms erzeugen.
Lake Arenal und die versunkene Stadt
Mehrere Stunden und Nasenbären-Familien später, trafen wir an der Anlegestelle des Lake Arenals ein. Eine einstündige (und sehr kalte) Bootsfahrt ist der schnellste Weg nach La Fortuna. Der unscheinbare Lake Arenal hat übrigens eine viel wichtigere Funktion, als nur die beiden Orte Monteverde und La Fortuna zu verbinden. Der Lake Arenal ist der grösste See Costa Ricas und wurde bereits 1979 erbaut, um die nachhaltige Energiestrategie voranzutreiben. Dazu mussten die zwei Städte Arenal und Tondadora verlegt werden – ergo liegen die beiden nun verlassen am Grund des Sees. Immerhin scheint es sich gelohnt zu haben. Der vor allem bei Touristen beliebte Stausee produziert inzwischen rund 12 Prozent des gesamten Strombedarfs von Costa Rica. Dies ist nur ein Beispiel, wie selbstverständlich Nachhaltigkeit in Costa Rica ist.
Mala (La) Fortuna
Nach dem kalten, aber umso gemütlicheren Monteverde schien uns La Fortuna alles andere als ein Glücksgriff zu sein. Das Städtchen ist durch und durch auf Touristen ausgerichtet und hat dementsprechend wenig Charme. Dafür konnten wir endlich unser Auto abholen, das wir einige Tage zuvor spontan gebucht hatten. Anfänglich hatten wir uns bewusst gegen ein Vehikel entschieden; primär aus Kostengründen. Denn in Costa Rica kostet das (wie so vieles) eine ganz schöne Menge, was vor allem an den obligatorischen Versicherungen liegt. Möchte man dann noch ein Allradauto, was in neun von zehn Blogs empfohlen wird, muss man für einen Monat ganz schön tief in die Tasche greifen. Dennoch ist ein Auto natürlich viel praktischer und wir würden es jederzeit wieder machen. Unsere drei Spartipps: Verschiedene Plattformen durchstöbern, das Auto in einem Nebenort abholen (wie wir in La Fortuna anstatt San José/Flughafen) und kein – richtig gelesen – Allradauto nehmen. Sofern man nicht mit dem Auto nach Bahía Drake fahren möchte, ist das nämlich nicht wirklich notwendig. Dank des Tourismus wurde in den letzten zwei Jahren viel in den Strassenbau investiert, sodass die Langstrassen recht angenehm zu fahren sind. Dafür lauern andere «Gefahren» auf der Strasse, wovor einen aber auch ein 4×4-Auto nicht bewahren kann…
Kaum eingestiegen, fuhren wir mit unserem Toyota Corolla in Richtung Volcano Arenal, um ein paar Fotos zu machen. Wir fanden nicht nur einen wunderbaren Aussichtspunkt, sondern auch ein Café mit einmaliger Aussicht. Der nette Kellner zeigte uns ausserdem alte Fotos vom speienden Vulkan und der Zerstörung, die er anrichtete.
Endlich – unser erstes Baby-Faultier!
Im kleinen, dafür sehr schönen «Arenal Natura Ecological Park», sahen wir schliesslich unser erstes Faultier – sogar mit Baby! Klar, dass wir aus jedem Winkel versuchten, den besten Schnappschuss einzufangen, was aufgrund des Lichts, der grossen Distanz und der wirren Äste gar nicht so einfach war. Zusammen mit einem Guide, bewanderten wir anschliessend den Park. Auch wenn wir in Costa Rica viel Geld für geführte Touren ausgegeben hatten, lohnte es sich jedes Mal. Dank dem Guide sahen wir nicht nur unser erstes Faultier, sondern auch Giftfrösche, Spinnen, Kaimane, allerlei Vögel mit Nachwuchs, bunte Schmetterlinge und fleissige Ameisen.
Zudem erfuhren wir jedes Mal so viel Neues über die Flora und Fauna, das Land, die Kultur, die Bewohner usw. Der Austausch mit den Einheimischen war immer ein kleines Highlight für mich und definitiv lehrreicher, als alle Blogs und Reiseführer zusammen.
Bijagua – das blaue Wunder
Bijagua war unser nördlichster Halt und nur einen Katzensprung von der Landesgrenze entfernt. Von unserem rustikalen Bungalow aus hatten wir einen einmaligen Ausblick – inkl. Nicaragua! Weshalb aber weiter in den Norden fahren, wo im Süden doch Traumstrände und 35 Grad locken? Deshalb…
Der Rio Celeste am Fusse des Volcano Tenorio ist ein beliebtes Touristenziel – zu Recht, denn der imposante Wasserfall und die stahlblauen Seen sind wirklich einmalig. Der Nationalpark, in dem man diese bestaunen kann, ist sehr weitläufig. Auf Tiere braucht man jedoch nicht zu hoffen. Selbst wenn sie dort sind, werden sie von den vielen Touristen verscheucht. Leider fiel unser Ausflug sprichwörtlich ins Wasser. In dieser Höhe ist das costa-ricanische Wetter unberechenbar. Desto höher wir wanderten, desto grauer wurde der Himmel, bis die Wolken von einer Sekunde auf die andere gefühlt all ihre Wasserspeicher leerten. Selbstverständlich hatten wir weder Regenjacke noch Schirm dabei (dafür gute Schuhe, im Gegensatz zu den Flip-Flop-Touristen). Tropfnass wanderten wir zwar noch eine Weile weiter, kehrten dann aber doch um, aus Angst, dass unsere Kameras nass würden. An Fotografieren war ohnehin nicht zu denken.
In Bijagua gibt es ansonsten nicht viel, was Touristen begeistern könnte. Viele besichtigen den Rio Celeste resp. den Tenorio Volcano daher nur im Rahmen eines Tagesausfluges. Nicht so Michi und ich. Online hatten wir das besagte Bungalow gebucht, was schlussendlich doch weitaus abgelegener war als gedacht (unser Toyota wurde das erste Mal auf die Probe gestellt). Der Weg ins abgelegene Bijagua war holprig und mit maximal möglichen 30 km/h ganz schön lang, aber dafür wunderschön. Abseits der Hauptstrasse präsentierte sich auch hier die wunderschöne Natur der Provinz Alajuela: Hügel mit unglaublichem Panorama, grasende Kühe auf saftigen Weiden, ab und an ein altes (Bauern-)Haus, vorbeitrabende Farmer auf ihren Pferden, die ihre Tiere zusammentrieben und malerische Baumalleen säumten den Weg. So sieht das costa-ricanische Paradies abseits von Meer und Strand aus!
Unser kleines Paradies mit Blick auf Nicaragua
Bei unserem AirBnB angekommen, standen wir erst einmal vor einem verschlossenen Tor – niemand zu Hause. Das kleine Häuschen stand nur unweit vom Haus der Vermieterin entfernt und war demnach ebenfalls umzäunt. Michi versuchte anschliessend die Dame anzurufen, streckte mir aber nach einer Minute wedelnd das iPhone hin – no inglés! Mit meinem eingerosteten Spanisch konnten wir uns immerhin ein bisschen verständigen. Die Vermieterin plauderte jedoch so hektisch, dass ich den wichtigsten Teil nicht verstand. Zum Glück fuhr ein benachbarter Farmer auf seinem Moped vorbei und bot uns zwei Gringos sofort seine Hilfe an. Von der Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Ticos waren wir, wie später noch oft, enorm positiv überrascht. Kurze Zeit später waren wir jedenfalls in unserem Häuschen – inkl. den zwei Dackeldamen Moli und Mariposa, die uns in den nächsten Tagen auf Schritt und Tritt folgten.
Unsere Gastgeberin, eine herzliche alte Dame, kam einige Stunden später nach Hause. Trotz der Sprachbarriere unterhielten wir uns jeden Tag ausführlich. Sie erzählte uns viel über sich und ihre Familie, über die Region sowie Costa Rica allgemein und zeigte uns ihren Garten mit all den exotischen Früchten, Bäume und Kräutern, von denen wir noch nie etwas gehört hatten. Die Saison sei nicht so ertragreich gewesen, erzählte sie. Normalerweise gedeihe hier aber so gut wie alles. Viele Lebensmittel, die wir mit Costa Rica in Verbindung bringen, kamen erst durch die Kolonialisierung nach Zentralamerika – so auch Kaffee und Bananen, zwei der grössten Exportgüter des Landes.
Der Kochkurs zum Frühstück
Ein weiteres Highlight in unserem temporären Zuhause war das traditionelle Frühstück, das sie uns täglich servierte. Gekocht wurde auf einem alten Holzofen, der Mais für die Tortillas wurde mit einer Handmühle frisch gemahlen, die frischen Eier stammten von herumlaufenden Hühnern, die Bananen wurden frisch von der riesigen Staude in der Küche gepflückt und der regional angebaute Kaffee bereitete sie mit dem Chorreador zu. Der Chorreador ist übrigens die traditionelle Methode, um Kaffee aufzubrühen. Das Prinzip ähnelt dem von Filterkaffee, jedoch mit einem Baumwollfilter anstatt Papierfilter. (Stellt euch einfach eine Socke vor – natürlich sauber.) Den Chorreador findet man so gut wie in jeder Küche, sogar in Hostels. Michi und ich erhielten auch gleich einen kleinen Kochkurs und halfen (mehr oder weniger) tatkräftig mit. Das Tortilla-Formen muss Michi allerdings noch ein bisschen üben… Während den gesamten vier Wochen kamen wir übrigens jeden Morgen in den Genuss von verschiedenen exotischen Früchten. Es ist vermutlich überflüssig zu erwähnen, dass sie viel besser schmecken, als die aus unserem Supermarkt.
Nach ein paar herrlich ruhigen Tagen bei der netten alten Dame und den zwei Dackeln, ging es schliesslich weiter. Nächstes Ziel: die sonnige Pazifikküste. Davon aber mehr in einem anderen Blogartikel…
Alle Bilder unserer Reise findet übrigens in der Galerie. Und falls ihr euch noch fragt, was es mit «Pura Vida» überhaupt auf sich hat: Die Ticos verwenden die zwei Worte zu jeder Tageszeit – egal ob zur Begrüssung, zum Abschied oder einfach so als Floskel nebenbei. Zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, doch inzwischen fehlt es mir sogar ein wenig.
In diesem Sinne «Pura Vida» und bis bald,
Michelle